Einführung in die Rubrik „Hypnoanalyse“

Die Hypnoanalyse gilt im Bereich Hypnose aufgrund ihrer Tiefe und ihrer Schwierigkeit als Königsdisziplin. Der Unterschied zwischen Hypnotherapie und Hypnoanalyse liegt in der unterschiedlichen Rolle, die das Unbewusste spielt. Wenn in einer Hypnotherapie das Unbewusste als leitende Instanz befragt werden kann, so ist in einer Hypnoanalyse die Arbeit mit dem Unbewussten zentral. Vereinfacht könnte man sagen: Für den Hypnoanalytiker gibt das Unbewusste seines Analysanden den Weg vor. Damit dies möglich wird, verwendet er eine besondere Kombination von spontanen Äußerungen des Unbewussten, wie sie beispielsweise in Träumen aufscheinen, und hervorgerufenen Äußerungen des Unbewussten, wie sie sich in Trancen oder spontanem Bildmaterial zeigen.


Hypnoanalyse unterscheidet sich von Hypnotherapie durch den vor allem erkenntnisorientierten, tiefenbezogenen Ansatz. Hieraus ergibt sich eine Arbeitsform, die langfristiger angelegt ist und in der Regel mindestens einmal pro Woche stattfinden sollte. Ziel der Hypnoanalyse ist vor allem, die Kommunikation mit dem Unbewussten zu fördern und zu verbessern - eine überaus subtile und intensive Arbeit, da Inhalte, die das Unbewusste zu verbergen wünscht, meist aus guten Gründen zurückgehalten werden und nicht einfach herausgepresst werden dürfen.


Mein eigenständiger Entwurf der Hypnoanalyse heißt mit vollem Namen „Neo-Hypnoanalyse“ und wurde in den vergangenen sechs Jahren entwickelt. Es handelt sich um eine Behandlungsform, die nicht nur der Symptombearbeitung, sondern auch der tiefenbezogenen Selbsterkenntnis dient. Diese Behandlungsform braucht Zeit, um sich zu entwickeln und voran zu schreiten, als Kurzzeittherapie eignet sie sich nicht.



Eine neue Form der Analyse


Der Begriff Neo-Hypnoanalyse stellt klar, dass hier wirklich etwas Neues entstanden ist und entsteht. Hypnoanalyse bedeutet in der ursprünglichen und einfachsten Form, eine Psychoanalyse mit den Mitteln der Hypnose zu bereichern. Diese Form der Hypnoanalyse (wie sie u.a. von Erika Fromm, John Watkins und Lewis R. Wolberg genutzt wurde) enstand jedoch zu Zeiten, in denen die psychoanalytische Theorie sich sehr entwickelte und die Hypnotherapie noch wenig Zugänge entwickelt hatte. Auch fehlten umfassende Informationen, wie sie inzwischen aus der Hirnforschung zugänglich wurden. Endlich blieb die Möglichkeit, Ausnahmeerfahrungen (etwa aus dem spirituellen Bereich) hilfreich zu beleuchten, aufgrund der allzu engen, an psychiatrischen Kategorien orientierten Sichtweisen gewöhnlich ungenutzt.


Ausgangspunkt der Neo-Hypnoanalyse ist die Überzeugung, dass das menschliche Nervensystem aufgrund des gewaltigen Grads seiner Vernetztheit über sich selbst ganz und gar orientiert ist. Das bedeutet, jeder Mensch ist über seine inneren Prozesse im Bild, doch unter Umständen fehlt ihm der Schlüssel, dieses Bild aufzurufen. Die Hypnoanalyse befähigt ihn hierzu nach und nach durch die Verwendung von unterstützenden, die Tiefenstrukturen belebenden Suggestionen und die unterschiedlichen Trance-Levels, die der Analysand allmählich einzunehmen lernt. Neo-Hypnoanalyse würdigt neben den Prägungen und Urerfahrungen, die ein Mensch mitbringt, als einziges Verfahren auch die evolutionäre Abkunft und erkundet in Trance die Tierverwandtschaft eines Menschen und ihren Bezug zu seinen heutigen Leiden.



Über Hypnotherapie und Psychoanalyse hinaus


In jeder Zeit müssen neue Behandlungsformen und Zugänge zum Unbewussten gesucht werden. Als Ergebnis einer Diskussion, die ich im Jahr 2000 als damaliger Chefredakteur der Zeitschrift „Suggestionen“ in Gang setzte, formulierte ich damals, dass eine Hypnoanalyse, die diesen Namen verdiente, von beiden Seiten her gleichermaßen bestimmt sein müsse und dass daher ein Hypnoanalytiker sowohl von der Hypnose, als auch von der Psychoanalyse her kommen könne.


Ich selbst komme von der Hypnotherapie her und bin in tiefenpsychologischen Verfahren weiter gebildet. Beide Verfahren erscheinen mir heute aber in ihrer Tiefendimension sehr begrenzt und ich glaube, dass sie das, was „das Unbewusste“ ist, allzu sehr banalisieren. Daher arbeite ich gegenwärtig an einer Neuformulierung des Unbewussten, die sowohl biologische, als auch spirituelle Dimensionen mit einschließt. Auch analysiere ich mit Ihnen die Möglichkeit, inwieweit Erlebnisformen der Phylogenese (Erfahrungen aus dem Tierreich zum Beispiel) auf heutiges Erleben und Handeln  einen Einfluss nehmen.




Hypnoanalyse und das Unbewusste


In der Analyse wird der Analysand schrittweise angeleitet, seine Kommunikation mit dem Unbewussten zu verstehen und zu verbessern. Das ist bei einigen Analysanden ein langwieriger Prozess, denn in unserer Lebensform sind wir stark an Außenreizen orientiert und müssen erst allmählich die Sprache des Unbewussten neu entschlüsseln. Das Unbewusste konkurriert aber nicht mit Jingles und Spots und es ist in seinen Äußerungen mitunter so leise und subtil, dass man seine Zeichen erst nach und nach erkennt. Das Gefühl, sich selbst ein Rätsel zu sein, kann daher heißen, dass man schon auf dem richtigen Weg ist. Und nach und nach mögen Sie finden, dass Sie sich nicht nur das Rätsel sind, sondern die Lösung gleich mit.



Couch oder Sessel?


Vielleicht fragen Sie sich, ob Sie bei der Hypnoanalyse auch auf einer Couch liegen. Die Antwort ist: Ja. Manchmal. Das richtet sich nach der Art des Arbeitsprozesses, denn Trance und Versunkenheit verändern sich mit der Körperposition und der Position des Analytikers. Daher werden die Positionen, die Analysand und Analytiker einnehmen, je nach Arbeitsprozess neu bestimmt. Um ein Beispiel zu geben: Wenn wir eine traumatische Erfahrung bearbeiten, werde ich Sie zu einer aufrechten Körperhaltung mit gutem Muskeltonus ermutigen, da eine tiefe Entspannung aufgrund der fehlenden Abwehrkraft zur Neutraumatisierung führen würde. Möchten wir aber Gefühle ergründen und zum Beispiel dem Erleben des Kindes, das Sie waren, näher kommen, dann ist die Arbeit im Liegen genau richtig und angebracht.




Worauf Sie achten sollten


Generell gibt es keine besonderen Auflagen bei einer Hypnoanalyse. Es gibt aber ein paar Dinge, die zu wissen hilfreich ist. Zum Beispiel ist es ungünstig, wenn Sie gleich nach der Sitzung wieder in Ihr Arbeitsfeld gehen. Mindestens eine gute halbe Stunde sollten Sie Zeit haben, unsere Arbeit nachwirken zu lassen. Kaffee unmittelbar vor der Analyse ist wenig hilfreich, da sie dadurch einen künstlich beschleunigten Herzschlag haben, der Gefühlswahrnehmungen verzerrt und tiefere Entspannung erschwert. Und bitte fahren Sie etwa 20 Minuten nach der Sitzung nicht Auto, denn die Trance-Arbeit führt sie sehr nach innen und bewirkt minimale Verzögerungen Ihrer Reaktionen, die im Straßenverkehr gefährlich sind. Gehen Sie stattdessen ein bisschen spazieren oder trinken Sie, während Sie der Analysestunde nachsinnen, ein Tässchen Espresso.


© Andreas Holling 2018